Veröffentlicht am 12. August 2024

Schroll: Wahlärzte verpflichten, auch Kassenpatienten zu behandeln

Nach Andreas Hanger (ÖVP) lud der „Ybbstaler“ auch Alois Schroll (SPÖ) aus Ybbs zum Sommergespräch.

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ)

Herr Abgeordneter, Sie waren in letzter Zeit sehr aktiv, was die Situation der Energieversorgung und der Energiebepreisung angeht. Ihre Fraktion, die SPÖ, hat dem Erneuerbaren Gasgesetz im Parlament aber die Zweidrittelmehrheit verweigert. Man hatte das Gegenteil erwartet. Warum haben Sie das initiiert?
Das Gesetz hätte für die Menschen in unserer Region 4,4 Millionen Euro Mehrkosten bedeutet. Jeder Haushalt, der mit Gas heizt, hätte € 200–300,– pro Jahr mehr für Gas bezahlen müssen – Fernwärmehaushalte nicht eingerechnet. Das Geld wäre direkt in die Übergewinne einiger weniger Gasunternehmen geflossen. Vor einigen Tagen wurden die erneuten Gewinnzahlen der Energieunternehmen veröffentlicht. Es ist absurd, dass die Menschen sowie Klein- und Mittelunternehmen geschröpft werden, während die Energieversorger maßlos Übergewinne einfahren. Hier hat die Regierung tatenlos zugesehen. Zusätzlich wollten ÖVP und Grüne, dass Lebensmittel wie Mais und Getreide zur Gewinnung von Biogas genutzt werden. Ich bin den Menschen verpflichtet, nicht den Energieunternehmen. Erneuerbares Gas ja, aber mit einem gescheiten Gesetz, dass die Menschen nicht noch stärker belastet und keine Nutzungskonflikte verursacht.

Die SPÖ hat im Parlament 23 Gesetze rund um die Energiewende mitgetragen. Widerspricht das dieser Ablehnung nicht?
Das zeigt nur, dass wir verantwortungsvolle Politik machen. In den Verhandlungen zum Heizungstausch ist es uns gelungen, dass Haushalte mit wenig Einkommen mehr Förderungen bekommen. Außerdem habe ich mich dafür eingesetzt, dass Arbeitsplätze in der Energiebranche sicher und gut bezahlt sind. Trägt ein Gesetz eine sozialdemokratische Handschrift, stimme ich auch zu. Ist das Gesetz unsozial und schlecht gemacht, lehne ich es ab. Dafür bin ich gewählt.

Ein großes Schlagwort ist Energieautarkie. Wie steht es damit in der Region Mostviertel?
In den vergangenen Jahren hatten wir die höchsten Energiepreise Europas, das hat die Regierung verbockt. Ich habe unzählige Male Eingriffe in den Markt gefordert, damit diese Umverteilung von unten nach oben aufhört. Aber die Regierung war beratungsresistent. Damit das nicht mehr passiert, müssen wir auf Erneuerbare Energien setzen. Wind, Wasser, Sonne und Bio­masse sind die Lebens­ader guter Arbeitsplätze. In unserer Region gibt es schon tolle PV- und Windkraft-Projekte, die ich unterstütze. Ich setze mich außerdem für eine Sanierung der bestehenden Wasserkraftwerke ein. Das ist günstig, schützt die Natur und bringt uns nachhaltige Energie.

Zum Gesundheitswesen: Man hört, dass in den Krankenhäusern der Region einerseits der Sparstift angesetzt wird und andererseits das Personal fehlt. Wie kommt man aus dieser Klemme?
Die Spitalsangestellten gehen Tag für Tag über ihre persönlichen Leistungsgrenzen. Die Untätigkeit der schwarz-blauen Landeskoalition gefährdet indes das Gesundheitssystem in der Region und in ganz Niederösterreich. Wir fordern eine Ausbildungsoffensive im Gesundheitssektor und eine Facharztgarantie innerhalb von 14 Tagen. Wahlärzte sollen verpflichtet werden, auch eine Zahl an Kassenpatienten zu behandeln. Damit künftig wieder die E-Card zählt, nicht die Kreditkarte. Und ja, das kostet Geld. Aber die Gesundheit muss uns das wert sein.

Die Schließung der Geburtenklinik Waidhofen schlug hohe Wellen. Haben sich die Verantwortlichen – und auch Sie – für den Erhalt dieser Station zu wenig stark gemacht?
Das haben die Landesregierung und die schlechte Personalplanung der Landesgesundheitsagentur LGA zu verantworten. Der Ärztemangel war absehbar, man wollte offensichtlich nicht gegensteuern. Die SPÖ rund um Vizebürgermeister Armin Bahr hat sich für eine Hebammenambulanz als Alternative stark gemacht. Seit Anfang Juli hat „ProMami“ geöffnet. Das ist eine große Erleichterung für Vor- und Nachsorge. Wir bleiben aber dabei: Die Geburtenambulanz in Waidhofen muss wieder öffnen!
Der Fachkräftemangel ist in der an sich strukturstarken Region Mostviertel virulent. Hier erwartet man Akzente und Maßnahmen seitens der Politik.
Gute Arbeit muss uns als Gesellschaft etwas wert sein. Fachkräftemangel herrscht meist dort, wo das Geld zu wenig und die Arbeit sehr anstrengend ist. Wer gut bezahlt und den Mitarbeitenden gute Bedingungen bietet, hat weniger Probleme. Das gilt für den Gesundheitsbereich genauso wie für Industrie und Gastgewerbe.

Bundeskanzler Karl Nehammer ist mit dem Modell einer Großelternkarenz vorgeprescht. Ist das eine Alternative zum Ausbau der Kinderbetreuung?
Nein. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist durch nichts zu ersetzen. Die ÖVP besetzt seit 1987 fast durchgehend das Familienministerium, beim Ausbau der Kinderbetreuungsangebote ist nur sehr wenig weitergegangen. Nun präsentiert die ÖVP einen halbgaren Vorschlag, der alle Familien ausschließt, deren Großeltern weiter weg wohnen. Zudem würde der Vorschlag dazu führen, dass vor allem Frauen weniger Pension bekommen, da sie in den einkommensstärksten Jahren vor der Pension Karenzgeld statt Lohn bekommen. Es wäre vernünftiger, wenn die ÖVP an echten Lösungen für unsere Kinder und Eltern arbeiten würde. Von Ablenkungsmanövern lasse ich mich nicht beeindrucken.

Sie machen einen Vorzugsstimmenwahlkampf in unserer Region. Was bekommt man, wenn man Alois Schroll eine Vorzugsstimme gibt?
Ich setze mich für ein faires und soziales Miteinander in unserer Region und in ganz Österreich ein. ÖVP und Grüne haben uns alle ärmer gemacht, die FPÖ hat keine einzige echte Lösung für die Probleme in Österreich und setzt auf billigen Populismus. Ich möchte unaufgeregt Sachpolitik machen, damit es uns allen in Zukunft besser geht.

Herr Abgeordneter, wir danken für das Gespräch!

Veröffentlicht am 12. August 2024

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